Wissenstipps zum ReSkilling-Workshop "Krautwerkstatt - Sauerkraut selber machen" vom 18.12.2012

Zusammenfassung: 

Zum Thema "Zubereitung und Haltbarmachung von einheimischen Lebensmitteln" veranstaltete die "TT-ReSkilling-Gruppe" passend zur Jahreszeit den Workshop "Krautwerkstatt - Sauerkraut selber machen". Wir zeigten wie es geht, gaben Tipps und beantworteten Fragen. Hier nun zusätzliche Infos zu den verschiedenen Verfahren.

"Daß sie von dem Sauerkohle - eine Portion sich hole - wofür sie besonders schwärmt - wenn er wieder aufgewärmt." (Wilhelm Busch: Max und Moritz, 2. Streich)

Sauerkraut oder Sauerkohl ist durch Milchsäuregärung konservierter Weißkohl oder Spitzkohl und wird meist gekocht als Beilage gegessen. Es gilt international als eines der bekanntesten deutschen Nationalgerichte. Sauerkraut ist reich an Milchsäure, Vitamin A, B, C, K und Mineralstoffen und mit den Kohlgemüsen ein wichtiger heimischer Vitamin-C-Lieferant im Winter.

Wir hatten schon ein altes Rezept gefunden, daß wir für die Zubereitung angewendet haben:

Zutaten: 30 Liter Topf / 25 kg Weißkohl / 75 g Salz / Wachholderbeeren / Kümmel / Nelken / 1/4 Liter Molke oder Buttermilch

Anleitung: Der Kohl wird zu feinem Kraut gehobelt und vermischt mit Salz und Gewürzen lagenweise 10 - 20 cm hoch in den Topf gelegt. Nun wird solange mit einem sauberen Besenstiel o.ä. festgestampft bis der Saft austritt. Gib etwas Molke darüber und dann die nächste Lage. Der Topf darf nicht ganz voll werden, so 10 cm müssen unter dem Rand frei sein, sonst steigt der Saft bei der oft heftigen Gärung zu hoch. Den aufsteigenden Schaum mußt Du in den nächsten Tagen abschöpfen. Sinkt der Lakespiegel, gieße kaltes abgekochtes Wasser zu. Nach 6 Wochen ist das Sauerkraut fertig.

Passend zum Sauerkraut-Hobeln gab es dann Musik von der "1.Bielefelder Hobel-Disco" :-)

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Hintergrundinfos von Reinhold:

Wir haben einen Teil des Kohls in lebensmitteltaugliche Kunststoffeimer gegeben, die wir mit einem selbstgebastelten Gärverschluß versehen haben. Wir sind gespannt auf das Ergebnis.

Wie funktioniert der Gärverschluss auf den weißen Eimern?
 
In den Stopfen (A) wird nun das kleine Rohrstück gesteckt (B). Auf dieses Rohr kommt der Aquarienschlauch (C). Hier ist es wichtig, dass beide Verbindungen dicht sind, ansonsten besteht die Gefahr, dass der Ansatz verdirbt. Das andere Ende des Schlauches wird nun beschwert, dazu kann man beispielsweise eine Mutter über den Schlauch schieben oder einen kleinen Kieselstein ankleben (D). Ganz egal was es ist, das Gewicht sollte so stark sein, dass es den Schlauch auch bei starker Gasentwicklung sicher unter Wasser hält. Dieses Ende wird nun in ein Gefäß gehängt (E), ein altes Marmeladenglas ist beispielsweise gut geeignet. Dieses wird nun etwa zu einem Drittel mit der Sperrflüssigkeit (Wasser) gefüllt (F). Der Flüssigkeitspegel sollte so hoch sein, dass der Schlauch gut im Wasser hängt. Um ein herausrutschen des Schlauches zu verhindern, kann dieser zusätzlich noch mit einer Wäscheklammer am Glas fixiert werden. Der Überdruck wird nun durch den Schlauch in das Glas geleitet (Pfeile), wo die Sperrflüssigkeit den Ansatz von der Umgebung abtrennt.

Bei der reinen Milchsäurevergärung entsteht kein CO2. Also kein ständiges Geblubber, wie bei der Alkohol-Gärung im Wein-Ballon. Es hat sich bei mir noch kein Silage-Stapel in einen Fesselballon verwandelt. Allerdings kann zu Beginn, wenn noch verschiedene Mikroorganismen (Milch/EssigsäureBakterien, Hefepilze, SchimmelPilze) unterwegs sind, etwas Gas entstehen. Wir hatten uns von den Gärtöpfen mit Deckel und Wasserrille s.u. inspirieren lassen. Vielleicht dient die Wassersperre mehr als Geruchsverschluss? Anfangs quillt oder steigt das Kraut, verdrängt Luft, muss aber vor Sauerstoffzutritt geschützt werden.
 
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Sauerkraut im Steinzeug Gärtopf


 
1. Der Gärtopf muss sauber sein!!!

Waschen Sie den Steinzeug Gärtopf vor der Benutzung gründlich mit Wasser aus und entfernen Sie jegliche Rückstände im Gärtopf. Falls Ihr Keramik Gärtopf sich nicht alleine durch Wasser reinigen lässt, können Sie Ihren Gärtopf auch mit einem handelsüblichen Putzmittel reinigen. Steinzeug - Keramik ist unempfindlich gegen alle Säuren. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Gärtopf nach dem Reinigen gründlich mit Wasser ausgespült wird damit keine Rückstände des Putzmittels im Gärtopf zurückbleiben, was den Sauerkrautgeschmack zerstören würde.

2. Säubern und Schneiden des Sauerkrauts!!!

  • Vergewissern Sie sich, dass sich keine Schädlinge im Krautkopf eingenistet haben. Keiner will eine Fleischbeilage im Gärtopf.
  • Lassen Sie den Krautkopf trocken !!!!
  • Entfernen Sie den harten Anteil (innen) des Krautkopfes, welcher sich negativ auf den Geschmack des Sauerkrauts im Gärtopf auswirken würde.

2.1 Schneiden des Sauerkrauts mit einem Krauthobel.

Das Schneiden des Sauerkrauts zum Ansetzen im Gärtopf gelingt am einfachsten mit einem Krauthobel, welcher den Krautkopf auf eine perfekte Größe zerschneidet. Bei der Auswahl eines Krauthobels sollte darauf geachtet werden, dass der Schlitten leichtgängig über den Krauthobel gleitet und die Messer aus „Edelstahl“ bestehen.
Legen Sie den Krautkopf in den Schlitten des Hobels ein und ziehen Sie ihn so lange über die Klingen, bis der Krautkopf komplett mit dem Krauthobel verarbeitet wurde. Fangen Sie die Flüssigkeit, die beim Hobeln des Sauerkrauts entsteht, auf, da dieses für den Geschmack beim Gärprozess notwendig ist.

2.2 Schneiden des Sauerkrauts mit einem Messer.

Für den ersten Sauerkrautversuch können Sie auch den Krautkopf auch per Hand zerkleinern. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Sauerkrautstreifen eine Breite von ca. 1 cm haben und Sie die Flüssigkeit wie beim Krauthobeln auffangen.

3. Befüllen des Gärtopfes aus Keramik

Ein erneutes Waschen des zerkleinerten Krautkopfes vor dem Einfüllen in den Gärtopf ist nicht nötig und könnte zum Verwässern des Sauerkrauts
führen. Füllen Sie eine erste Schicht des gehobelten Krautes in den Gärtopf ein. (ca. 5-10 cm) und stampfen Sie mit Hilfe eines Krautstampfers das Kraut ein, wodurch weitere Flüssigkeit aus dem Kraut austritt. Mischen Sie unter jede Lage Kraut die gewünschten Gewürze wie Wacholderbeeren. Wer stark würziges Schlachtesauerkraut bevorzugt, kann hier auch Schinkenwürfel mit in den Gärtopf einfüllen. Dies wiederholen Sie so oft, bis Ihr Kraut alle ist. Bitte achten Sie darauf, dass zur Oberkante des Gärtopfes ausreichend Platz für den Beschwerungsstein vorhanden ist. Sollte nicht genug Flüssigkeit beim Hobeln entstanden sein (ist bei Sauerkraut zu erwarten), kochen Sie 1,0 Liter Wasser mit 15g Salz auf. Achtung: Das Wasser muss kochen, damit die Bakterien abgetötet werden. Füllen Sie nun den Gärtopf mit dem abgekochten Salzwasser auf. Alternativ können Sie für abgekochtes Salzwasser auch Molke oder Buttermilch hinzugeben.

3.1. Der zweigeteilte Beschwerungsstein

Zu Omas Zeiten legte man ein Holzbrett, welches in ein Tuch eingewickelt wurde, in den Gärtopf und beschwerte es mit einem großen Stein. Bei dieser Methode ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich Bakterien im Holz befinden und sich Schimmel im Gärtopf bildet, was die hervorragenden Eigenschaften der Keramik zunichte machen würde. Wir verwenden hierfür den zweigeteilten Keramik-Beschwerungsstein. Dieser erzeugt den Druck, welcher für die Gärung notwendig ist und hat die selben guten Eigenschaften wie der Gärtopf selbst. Nehmen Sie ein großes Blatt des Krautkopfes, welches nicht zerkleinert wurde und legen Sie es auf die Krautschnipsel im Gärtopf. Legen Sie den Beschwerungsstein auf dem Krautblatt im Gärtopf ab und vergewissern Sie sich, dass der Beschwerungsstein von der Flüssigkeit bedeckt wird.

4. Der Gärprozess im Gärtopf

Schließen Sie den Gärtopf mit dem Deckel und befüllen Sie die Wasserrinne mit Leitungswasser. Dies bildet den luftdichten Abschluss zum Gärtopf. Da nun keine Luft mehr in den Gärtopf eindringen kann, können dies auch keine Mikroorganismen und das Sauerkraut im Gärtopf ist vor Schimmelbildung geschützt. Stellen Sie den Gärtopf an einen, wenn möglich kühlen, Raum ab. Hierzu eignet sich in den meisten Fällen am besten der Keller des Hauses.

4.1 Die Dauer des Gärprozesses

Je nach Art des Gemüses kann sich die Gärzeit im Gärtopf unterscheiden. Sie liegt im Normalfall zwischen 4 und 6 Wochen. Bitte beachten Sie, dass in den ersten 3 Wochen nach dem Einfüllen des Krautes in den Gärtopf der Deckel nicht abgenommen werden darf!!!! Weiterhin sollte darauf geachtet werden, dass sich immer ausreichend Wasser in der Wasserrinne des Gärtopfes befindet. Die luftdichte Abdichtung darf nicht unterbrochen werden.

5. Das Entnehmen des fertigen Sauerkrauts

Entnehmen Sie nicht jeden Tag Sauerkraut aus dem Gärtopf, da auch das fertige Sauergemüse anfällig für Bakterien ist. Besser ist es, eine für 1 Woche ausreichende Menge dem Gärtopf zu entnehmen und dieses in einem luftdichten Gefäß (z. B. Tuppware-Behälter o. a.) in den Kühlschrank zu stellen. Erst wenn dieser Vorrat aufgebraucht ist, öffnen wir wieder den Gärtopf zur Entnahme weiteren Sauerkrauts.

6. Lassen Sie es sich schmecken!!!

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Aus Wikipedia: Milchsäuregärung zur Herstellung von Lebens- und Futtermitteln

Zur Konservierung von Lebensmitteln wird die Milchsäuregärung mindestens seit der Jungsteinzeit eingesetzt. Durch die Milchsäurebildung wird das Lebensmittel gesäuert und Verderbniserreger fast vollständig in ihrer Aktivität gehemmt oder sogar abgetötet. Beispiele sind Sauermilchprodukte wie Joghurt, Quark und Buttermilch, Brottrunk, Sauerkraut, Saure Bohnen, das koreanische Gimchi, das japanische Tsukemono und andere Sauergemüse. Weiterhin wird die Milchsäuregärung zum Brotbacken mit Sauerteig und zur Reifung von Rohwürsten wie Teewurst, Salami und anderen Rohwürsten angewendet. Zur Milchsäuregärung bei Milchprodukten benötigen die Milchsäurebakterien das Enzym Lactase, welches unter Verwendung von H2O den Milchzucker Lactose (C12H22O11) in Glucose (C6H12O6) und Galactose (C6H12O6) umwandelt. Beide so entstandenen Zucker werden über einen oder mehrere der oben beschriebenen Wege umgesetzt. Die Milchsäuregärung wird auch zur Konservierung von Pflanzenmaterial als Futtermittel in der Landwirtschaft eingesetzt. Man bezeichnet das in der Regel in Silos durchgeführte Verfahren als Silierung und das Produkt als Silage.

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Hintergrund der Transition Town Re-Skilling Idee:

Viele Fähigkeiten und Kulturtechniken, die von Generation zu Generation weitergereicht wurden, gehen in der modernen Wegwerfgesellschaft verloren. Diese Erkenntnis ist für uns der Anlass das (Wieder-) Erlernen von Fertigkeiten „aus Großmutters Zeiten“, auch „reskilling“ genannt, aktiv zu fördern. Darin sehen wir auch eine wichtige Vorbereitung auf eine Zeit mit immer knapper und teurer werdenden Energie- und Transport-Ressourcen.

In der AG „Reskilling“ würden wir uns z.B. gerne (u.a.) mit diesen Themen beschäftigen:

  • • Zubereitung und Haltbarmachung von einheimischen Lebensmitteln
  • • Reparatur von Kleidung und anderen Haushaltsgegenständen
  • • Werken, Basteln, Stricken etc. mit hiesigen Materialien

Reskilling

Wir suchen auch immer nach weiteren Menschen, die Lust haben ihr Wissen und Können im Rahmen von selbst organisierten Veranstaltungen weiterzugeben. Interessierte sind jederzeit – auch nur zum Reinschnuppern – herzlich willkommen.

Email: reskilling(at)ttbielefeld.de


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